Im frühen 20. Jahrhundert begannen die Dieselmotoren allmählich, die bis dahin üblichen Dampfmaschinen auf Schiffe zu ersetzen. Dabei hatten die frühen Dieselantriebe durchaus ihre Probleme, vor allem beim Manövrieren. Bevor zuverlässige und einwandfreie Getriebe entwickelt waren, was erst in den 1950er Jahren der Fall war, musste ein Dieselmotor ausgeschaltet und umgekehrt drehend wieder angeworfen werden, um Rückwärts zu geben.
Dennoch fahren heute nur noch ganz vereinzelte Museumschiffe unter Dampf. Und wenn man sich heute auf dem Bootsmarkt oder auf der boot Düsseldorf umsieht, dann wird man das sichere Gefühl nicht los, dass ein ähnlicher Umbruch gerade wieder stattfindet. Oder zumindest beginnt. Mehr und mehr Boote werden mit elektrischen Antrieben ausgerüstet, die enorm schnell weiterentwickelt werden und immer „alltagstauglicher“ werden. E-Mobilität ist auch auf dem Wasser im Kommen.
E-Motoren sind so alt wie der Diesel
Vor allem aber muss man sich vergegenwärtigen, dass wir es hier mit einer Technologie zu tun haben, die es schon lange gibt - so lange, im Grunde, wie auch schon die Dieselmotoren.
Bereits 1903 wurde ein russischer Tanker mit Diesel-Elektrischem Antrieb gebaut: Drei Dieselgeneratoren speisten Elektromotoren, die wiederum die drei Propeller des Schiffes drehten. Diese Lösung war allerdings wegen der eben erwähnten, eingeschränkten Manövrierfähigkeit der frühen Dieselmotoren entwickelt worden.
Auch auf Freizeitbooten sind E-Antriebe im Grunde ein alter Hut. Hans Frauscher, der Sohn des Werftgründers Engelbert Frauscher und Großvater des heutigen Werftchefs von Frauscher Boats, stellte schon 1955 die ersten elektrisch angetriebenen Motorboote vor. Wir haben es hier also nicht wirklich mit einer ganz „neuartigen“ Technologie zu tun, eher ist es die Wiederentdeckung des Bekannten angesichts sich verändernder Rahmenbedingungen.
Effektivität der E-Antriebe wächst beständig
Dafür mit einer hoch entwickelten und immer besser werdenden Antriebslösung. E-Antriebe werden immer effektiver, sie liefern mehr Power und verfügen dabei auch über immer größere Reichweiten.
Ein populäres und anschauliches Beispiel dafür sind die „Deep Blue“ Antriebe von Torqeedo. Vor allem in Verbindung mit der neuesten Batterie-Generation aus der Automobilindustrie werden solche Antriebe zu wirklichen Diesel-Killern. Torqueedo stellte im Herbst vergangenen Jahres die von ihr marinisierte BMW i3 Batterie vor, die bis zu 30 Prozent mehr Effizienz mit entsprechend größerer Reichweite und höherem Top-Speed liefern wird.
Schön schnell sind die leichten Karbon-Renner von SAY-Yachts: Seit Herbst letzten Jahres hält die SAY 29E den Welt-Geschwindigkeitsrekord für Elektroboote, mit einem Speed von 48 Knoten (oder 89 km/h) – das Boot ist auch für den 2019 Innovation Award des „European Powerboat of the Year“ nominiert.
Sehr smart ist auch der „X-Shore“ Tender, der von mehreren skandinavischen Firmen gemeinsam mit Torqeedo entwickelt wurde, unter der Projektleitung des schwedischen Unternehmers Konrad Bergström. Dieser vollelektrische „Utility Tender“ verbindet skandinavisches Design mit hoher Vielseitigkeit und einem gesunden Respekt für die Umwelt. Torqeedo-CEO Christoph Ballin sagte dazu: „Das X-Shore Team hat sich mit frischem Blick dem Design eines zuverlässigen und eleganten Superyacht-Tenders zugewandt. Ein elektrischer Tender hat ja so viele Vorteile, darunter reduzierten Wartungsaufwand und einen einfacheren Treibstoff-Mix an Bord des Mutterschiffes.“
Dass die Fahrten mit diesem Boot leise und emissionsfrei verlaufen, war dem Team das zentrale Anliegen. „Wir wollen, dass durch diese leise Fahrt weder die Tierwelt, noch die sensiblen Gewässer gestört werden und dass dies das besondere Erlebnis einer Fahrt ausmacht“, sagte Chefdesigner Marcus von Euler von der am Projekt beteiligten Designfirma Norra Norr. „Es ist ein tolles Gefühl über das Wasser zu gleiten und dabei nur den Wind zu hören und das leise Geräusch, das entsteht, wenn der Bug durchs Wasser schneidet.“
Solartechnik ergänzt die E-Antriebe
Dieses Gefühl werden auch die Crew und Passagiere der neuen und sehr stilvollen Innovationsyacht Solarimpact 78 aus der Schweiz genießen können. Diese große und luxuriöse Yacht (23,95 Meter lang, sechs Kabinen) zeichnet sich durch ein völlig neues, aber logisch perfekt aufeinander abgestimmtes Konzept aus:
Ein Rumpf nach der wegweisenden, von der deutschen Traditionswerft Abeking & Rasmussen vor allem für Lotsenboote perfektionierten SWATH-Technologie bietet den Platz eines großen Katamarans bei noch besserer Stabilität auch im groben Seegang sowie einen sehr viel geringen Fahrtwiederstand. Dazu große Decksflächen voller modernster, hoch effizienter Solarpaneelen und elektrische Antriebe von Kreisel sorgen in der Summe für ein weitgehend autonomes und absolut Zukunftsweisendes Wasserfahrzeug.
Neben Torqeedo und Kreisel ist auch die ebenfalls österreichische Firma Ortner Electric ein wichtiger Anbieter von E-Antrieben für Boote. Der Bootshersteller „Correct Craft“ aus Florida hat gleich ein ganzes Antriebssystem von Ortner Electric gekauft, das nun in die Motorendivision des US-Herstellers integriert wird. Eingebaut wird das System in die Boote Air Nautique 210 und GS20, zunächst für den österreichischen Markt.
Nicht nur Correct Craft stellt sich auf eine zunehmend elektrische Zukunft ein. Auch Volvo Penta, einer der größten Hersteller von Bootsdieseln, hat sich zu einer zumindest teilweise elektrischen Zukunft bekannt – endlich, möchte man fast sagen, denn der Mutterkonzern Volvo hat ähnliches bereits vor zwei Jahren verkündet. Volvo Penta jedenfalls hat sich selbst eine Frist bis 2021 gesetzt, bis dahin sollen auch ihren Kunden elektrische Antriebe quer durch das komplette Motorensortiment angeboten werden.