Bei allen Freizeittauchern ist eins gleich: Sie erleben die Natur so intensiv und ursprünglich wie bei kaum einer anderen Sportart. Das gilt sowohl beim Abtauchen in heimischen Gewässern als auch in allen sieben Weltmeeren.
Eine Frage stellt sich allerdings wohl fast allen aktiven Unterwasser-Fans regelmäßig: Wo soll die nächste Reise hingehen? Ein oft genannter Wunsch ist dabei ein Ziel, das genaugenommen auf keiner Landkarte zu finden ist – DER „Geheimtipp für Taucher“. Wir haben Frank Schneider, Reisejournalist, Fotograf und Autor mehrerer Sachbücher zum Sporttauchen, gefragt. Im Folgenden finden Fans eine Reihe von zauberhaften Regionen und Geheimtipps, die zum Tauchen einladen.
Der größte Teil der östlichen Küste der Adria gehört zu Kroatien. Etwa in der Mitte liegt der Archipel der Kornaten. Wie viele Inseln der tatsächlich umfasst? Die Zahlen schwanken zwischen 90 und 150. Rund 12 Prozent der Inseln der Adria sollen allein in dieser Inselgruppe liegen. Im Gegensatz zu den Klassikern Südfrankreich und Nordspanien war das ehemalige jugoslawische Hoheitsgebiet über Jahrzehnte für die meisten Mittelmeertaucher eher kein gängiges Reiseziel. Allerdings sicher nicht wegen seiner Unterwasserwelt. Seit Juli 2013 ist Kroatien EU-Mitgliedsstaat, und spätestens seitdem waren die fantastischen Tauchgebiete dort schlagartig noch einfacher zu erreichen.
Und verstecken müssen die sich auch „Tauchjuwelen der Adria“ genannten Plätze in keiner Weise. Schließlich wurden die Kornaten schon 1980 zum Nationalpark erklärt, in dem kommerzielles Fischen verboten ist. Taucher finden hier Riffe mit roten und gelben Mittelmeer-Fächerkorallen, von riesigen Kolonien Gelber Krustenanemonen bewachsene Felswände, begegnen Meeresschildkröten, sehen mit etwas Glück auch mal einen Großen Tümmler, und natürlich leben hier auch die „üblichen Verdächtigen“: Oktopusse, Muränen, Langusten und Nacktschnecken. Auf dem Meeresgrund liegen außerdem Schiffswracks aus verschiedenen Epochen.
Kleinode im Mittelmeer? Ja, die gibt es noch. So zum Beispiel Giglio. Bei einer Größe von nur 24 Quadratkilometern hat sie gerade mal drei ziemlich kleine Orte und verfügt über nur wenige Unterkünfte und einen traumhaft gelegenen Campingplatz. Giglio ist zwar bei Wanderern, Strandurlaubern und Tauchern gleichermaßen begehrt. Massentourismus gibt es hier jedoch nicht. So sind auf der ganzen Insel auch nur vier Tauchbasen: zwei in Giglio Porto, wo auch die Fähre aus Porto Santo Stefano kommend anlegt und zwei in Campese, wo der größte Inselstrand ist. Giglio ist deswegen noch ein Geheimtipp, weil hier einfach nicht so viele Taucher (gleichzeitig) hinkönnen. Auch gut zu wissen: Untersuchungen von Greenpeace und anderen Umweltschutz-Organisationen nach dem Schiffsunglück ergaben, dass Giglios Unterwasserwelt großes Glück hatte: es wurden keine Schäden festgestellt. Taucher, die vor dem kleinen Giglio ins Wasser kommen, stoßen nach wie vor auf einen großen Artenreichtum: große Schwärme von Brassen und Goldstriemen schweben vor Steilwänden mit wuchernden Roten Gorgonien, auch die gelben Mittelmeer-Fächerkorallen wachsen üppig. Schulen von Barrakudas kreisen über dem ein und anderen Riff und Zackenbarsche in allen Größen suchen bei der Jagd auf Beute ihren Heißjunger zu stillen. In den Seegraswiesen vor Campese ist die Kinderstube von Seepferdchen, Kraken und anderen Tieren.
Giglio/Italien
Nordküste Sardiniens/Italien
Zwischen der Nordküste der zweitgrößten Mittelmeerinsel Sardinien und dem nur rund 16 Kilometer entfernten Korsika verläuft die Straße von Bonifacio. Durch die Meerenge ziehen alle Meeresbewohner, die ins östliche Thyrrenische Meer oder von dort ins westliche Mittelmeer wollen. Die regelmäßigen Strömungen sorgen (auch) an der Küste zwischen Alghero im Nordwesten und dem Maddalena-Archipel im Nordosten für üppigen Korallenwuchs. Die Gewässer vor Alghero, der Baia Sardinia und in der Mitte dazwischen, vor dem ehemaligen Fischerort Santa Teresa di Gallura, teilen sich eine sehr überschaubare Zahl von Tauchbasen. Im Meer gibt es zum Teil spektakulär bunt bewachsene Felsenriffe, Barrakudas leben dort überall zahlreich, und mit den Lavezzi-Inseln, die von Baia Sardinia und Santa Teresa mit schnellen Booten erreicht werden, gibt es ein Tauchrevier mit Zackenbarsch-Garantie. Hier und da ist auch ein kleines Wrack vorhanden. Was es dort nirgendwo gibt: Horden von Tauchern. Sardinien ist als Wanderinsel und bei Seglern wesentlich bekannter. Bei Tauchern, die der Unterwasserwelt im Norden Sardiniens jedoch erst einmal einen Besuch abgestattet haben, könnte sich Suchtpotential einstellen. Große Autofähren aus Genua landen in Alghero und Olbia; dort ist auch ein internationaler Flughafen.
Fuerteventura ist alles andere als unbekannt. Aber im Vergleich zu anderen Tauchdestinationen im Atlantik wie etwa den Azoren mit ihrem permanenten Großfischbestand und den Walarten, die es dort zu sehen gibt, ist es mehr als Strandinsel im Gespräch denn als Tauchreiseziel. Der Tauchsport konzentriert sich an drei Stellen: Corralejo an der Nordspitze, Caleta de Fuste auf halber Länge der Ostseite und im Süden an der Costa Calma längs der Südwestflanke der Halbinsel Jandia. Dort wird sich wohlfühlen, wer auch mal ohne Bootsfahrt – sprich: von Land – ins Tauchrevier will. Vor Corallejo und Caleta sind Aquanauten nach fünf bis 20 Minuten Bootsfahrt am Ort ihrer Begierde. Im Tauchgebiet vor der Insel besteht immer und überall die Möglichkeit Großfische zu sehen. Dazu zählen Zackenbarsche, Bernsteinmakrelen, es gibt riesige Sardinenschwärme und nicht zuletzt die anmutigen Engelhaie. Diese lieben große Tiefen, kommen aber regelmäßig auch in die tauchfreundlichen Zonen an der Küste.
Fuerteventura/Kanarische Inseln
Dahab/Ägypten
Die Sinai-Halbinsel wird im Westen durch den Golf von Suez und den berühmten Kanal vom ägyptischen Festland getrennt, während vor ihrem Ostufer der Golf von Aqaba liegt. Rund 90 Kilometer nördlich vom bekannten Kap Ras Mohammed und circa 75 Kilometer von Sharm el Sheikh führt das immer noch relativ beschauliche Örtchen Dahab fast ein Schattendasein als Tauchziel. Vielen Aquanauten ist es wegen des ungewöhnlichen Blue Hole ein Begriff, aber die fantastischen Riffe dieser Region sind weniger bekannt. Zwar kommen Tauch-Tagesgäste aus Sharm regelmäßig hierher, aber Dahabs Tauchrevier hat mit seinen teils spektakulären Steilwänden und der bunten Korallenwelt viel mehr zu bieten, als zwei oder drei Tauchgänge während einer Tagestour offenbaren können. Die Tierwelt zeigt sich dabei genauso abwechslungsreich; nur stellvertretend genannt sind hier umherziehende, bis zu 1,5 Meter große Hundszahn-Thunfische, große Zackenbarsche und Barrakudas.
Die Schönheit der Tropen
Flores/Indonesien
Wer abseits liegt, muss ja nicht außen vor sein. Der Satz gilt auch für die Tauchgebiete um die indonesische Insel Flores. In den schier unendlichen Weiten des Indopazifiks finden sich eine ganze Reihe ebenso beliebter wie exquisiter Tauchgebiete. Flores, das nicht weit von der Insel Komodo mit seinen berühmten Waranen liegt, fällt jedenfalls nicht in die Schublade „gut besucht“. Dabei ist die Anreise mittlerweile längst nicht mehr ein Abenteuer. Taucher finden dort Riffe voller tropisch-maritimer Vielfalt. Unter den Großfischen der Gewässer stechen die Mantas hervor – was andere Meeresbewohner wie Barrakudas, Riffhaie, Schildkröten und große Fischschwärme vermutlich kalt lässt. Bunt bewachsene Riffe mit einer grandiosen Mischung teils außergewöhnlicher Meeresbewohner machen dieses Tauchrevier überaus abwechslungsreich.
Was in Bezug auf das Reiseziel im westlichen Teil des Indischen Ozeans rund 870 Kilometer östlich von Madagaskar und weit hinter dem Äquator meist völlig übersehen wird, sind die dortigen Möglichkeiten zum Tauchen. Tauchreviere gibt es an vielen Küstenabschnitten. Mauritius ist vulkanischen Ursprungs und so haben sich die Riffe zum größten Teil aus Lava gebildet, sind also keine klassischen Korallenriffe. Tut das dem Tauchspaß Abbruch? Nein. Die Fischwelt, die sich zwischen den zahlreichen Lederkorallen angesiedelt hat, ist überaus vielfältig. Weil im Süden meist auflandige Winde herrschen, wird dort meist in den Lagunen im geschützten Innenriff getaucht. Ist es an der Ostküste ebenfalls eher schwierig, erweist sich die Westseite mit Tauchplätzen am Außenriff gegenteilig. Der Norden wiederum zeigt sich fast immer windgeschützt. Nahe der Grand Baie liegen zudem einige kleine Wracks, die relativ flachen Riffe sind voller Leben und die nahe gelegene Insel Coin de Mire wartet mit weiteren Tauchplätzen auf. Im europäischen Winter kann zudem ein Haiplatz an der Insel Round Island angesteuert werden.
Mauritius
Yap Island
Hand aufs Herz: Wisst Ihr, wo Yap Island liegt? Es gehört als westliche Insel des Karolinen-Archipels im Westpazifik zu den Föderierten Staaten von Mikronesien. Etwa 1.300 Kilometer östlich der Philippinen und am Südausläufer des Marianengrabens gelegen. Die Anreise ist bis heute nicht ganz einfach; Flüge gehen nach Guam und Palau. Auf Yap gibt es ein (!) Hotel, und dem ist auch eine Tauchbasis angegliedert. Beides hat der Texaner Bill Acker gegründet. Der kam 1976 während seines Zivildienstes nach Yap, verliebte sich in die Tauchgebiete mit Mantas und Haien. Er führt mit seiner Familie bis heute Hotel und Basis. Angesichts der eben arg überschaubaren Kapazitäten auf Yap und seiner einsamen Lage in den Weiten des Stillen Ozeans ist das mit dem Geheimtipp für Taucher sicher nicht falsch. Rund um die Insel dominieren Hartkorallen in den fischreichen Riffen. Der exponierte Standort unweit des mit etwa 11.000 Metern tiefsten Meerespunktes der Welt macht hier alles möglich: Taucher können von der seltenen Nacktschnecke bis zum ausgewachsenen Hai und den zahlreichen Mantas eine große Bandbreite an kleinsten und großen Meeresbewohnern erleben.
Die karibische Insel circa 52 Kilometer nördlich der Küste von Honduras hat in Europa bis heute die Stellung des Underdogs unter den karibischen Tauchzielen. Sie ist ungefähr 60 Kilometer lang und grün bewaldet. Hier gibt es für Unterwasser-Abenteurer viel zu erleben. Das versprechen rund fünf Dutzend Tauchplätze (wenn nicht sogar mehr). Einer der bekannteren ist das Wrack der „Odyssey“, das 2002 an der Nordflanke des Westteils der Insel extra für Taucher versenkt wurde. Einen besonderen Nervenkitzel bietet ein Haitauchgang vor Roatan. Und sonst? Alles was das karibische Meer hergibt: von Korallen wie den Venusfächern, riesigen Schwämmen, karibischen Langusten, Zackenbarschen, Schildkröten bis zum überdimensionalen Barrakuda ist hier fast alles zu finden, was die karibischen Fluten bevölkert.
Roatan
Tauchen auf der boot Düsseldorf
Sicher kein Geheimtipp, aber ungemein beliebt bei den Tauchfans sind die Hallen 12 und 13 mit ihrem Zentrum, dem Diving Center und dem Tauchturm, auf der boot Düsseldorf. Hier sind die Global Player der Tauchbranche an Bord, tummeln sich zahlreiche, weltweite Destinationen, die zum Träumen vom nächsten Tauchgang einladen, und internationale Stars der Szene geben sich die Klinke auf der Bühne in die Hand. Die boot Düsseldorf öffnet ihre Tore vom 20. bis 28. Januar und feiert 2024 ein kleines Jubiläum: 55 Jahre jung wird die größte Wassersportmesse der Welt, die schon seit den 1970er Jahren ein Eldorado für Tauchfans ist.