Highspeed, Präzision und Teamwork – die spektakuläre Rennserie, die den Segelsport revolutioniert
Foilende Katamarane, Spitzengeschwindigkeiten von über 90 km/h und Nationalteams im direkten Wettkampf: Der SailGP ist eine der innovativsten und spektakulärsten Segelserien der Welt – und bringt den Sport auf ein völlig neues Level.
Was ist der SailGP?
SailGP ist eine globale Rennserie mit identischen Hochleistungs-Katamaranen, den sogenannten F50. Diese Boote sind technische Meisterwerke: Sie “fliegen” bei entsprechender Geschwindigkeit über das Wasser – nur getragen von Hydrofoils, also Tragflächen unter dem Rumpf. Dadurch erreichen sie extreme Geschwindigkeiten und bieten packende Renn-Action auf engstem Raum.
Die Besonderheit: Alle Teams segeln mit exakt dem gleichen Material. Technikvorsprünge gibt es nicht – es zählt allein das Können der Crews. Pro Saison finden mehrere Regatten rund um den Globus statt, z. B. in Sydney, Saint-Tropez oder San Francisco. Die einzelnen Rennen dauern meist nur rund 15 Minuten, sind aber hochintensiv, taktisch und für Zuschauer perfekt inszeniert – live und digital.
Neben dem sportlichen Anspruch setzt SailGP auch auf Nachhaltigkeit und Innovation: mit CO₂-neutraler Logistik, umfangreicher Datenanalyse und einem klaren Ziel, den Segelsport zugänglicher und zukunftsfähiger zu machen.
Team Germany mittendrin
Seit 2023 ist auch Deutschland mit einem eigenen Team dabei – unter der Führung von Erik Kosegarten-Heil, einem der erfolgreichsten deutschen Olympiasegler. Gemeinsam mit einer jungen, ehrgeizigen Crew arbeitet das Team hart daran, sich in der Weltelite zu etablieren. Dabei steht nicht nur der sportliche Erfolg im Fokus, sondern auch der Wille, den Hochleistungssport Segeln einem breiteren Publikum näherzubringen.
Wir haben Erik Kosegarten-Heil einige Fragen gestellt – über Nervenkitzel, Teamarbeit und Visionen.
Interview mit Erik Kosegarten-Heil von Team Germany Sail GP
Wie unterscheidet sich das Segeln auf foilenden Katamaranen aus Sicht der Crew vom Racing auf herkömmlichen Booten?
Erik Kosegarten-Heil: Das Segeln auf foilenden F50-Katamaranen, wie sie in der SailGP-Serie zum Einsatz kommen, stellt im Vergleich zum klassischen Regattasegeln eine völlig neue Disziplin dar. Die Boote erreichen Geschwindigkeiten von über 90 km/h, in der Spitze sogar über 100 km/h – sie „fliegen“ förmlich über das Wasser. Diese Dynamik erfordert von der Crew extrem schnelle Reaktionen und präzise, aufeinander abgestimmte Manöver im Millisekundenbereich. Die Systeme an Bord sind hochkomplex: elektrisch-hydraulische Trimmung, Echtzeit-Datenanalyse, KI-gestützte Entscheidungsprozesse und Videoauswertung gehören zum Alltag. Die Crew besteht aus lediglich sechs Personen – mit klar definierten Rollen, die jeweils hohe technische und taktische Verantwortung tragen. Es ist eine Symbiose aus Spitzensport, Ingenieurskunst und Teampräzision.
Was war euer bisher größter Gänsehautmoment in der aktuellen Saison?
Erik Kosegarten-Heil: Ein besonders emotionaler Moment war unser erster Rennsieg in Dubai. Nach einem schwierigen Reggattastart konnten wir uns im Fleet Race eindrucksvoll durchsetzen – ein Erfolg, der nicht nur sportlich wichtig war, sondern auch ein starkes Signal für unser Teamgefühl und unsere Entwicklung als Neueinsteiger in der Liga setzte. Dieser Sieg war ein echter Meilenstein und hat uns gezeigt, welches Potenzial in uns steckt.
Taktik, Technik oder Speed: Worauf kommt es im Rennen wirklich an?
Erik Kosegarten-Heil: Im SailGP kommt es auf das perfekte Zusammenspiel von Geschwindigkeit, technischer Präzision und taktischem Verständnis an. Die Bootsgeschwindigkeit – der „pure Speed“ – ist die Grundlage. Aber ohne exaktes Trimmen, präzises Foilen und ein sensibles Feintuning der Ruder und Tragflächen bleibt das Potenzial ungenutzt. Gleichzeitig spielt die taktische Komponente eine zentrale Rolle: Wer den Wind besser liest, sich strategisch positioniert und die richtigen Entscheidungen im richtigen Moment trifft, verschafft sich entscheidende Vorteile. Unsere enge Abstimmung zwischen Steuerung und Strategie, insbesondere zwischen der Fahrerin und unserer Taktikerin Anna Barth, ist hier essenziell.
Wie bereitet ihr euch mental auf diese Rennen vor? Gibt es Routinen, Rituale oder klare Abläufe?
Erik Kosegarten-Heil: Die mentale Vorbereitung ist ein fester Bestandteil unseres Konzepts. Ich selbst arbeite mit sogenannten „Brain Jogging“-Übungen – inspiriert vom früheren Skirennfahrer Felix Neureuther. Dabei geht es um Koordinationsaufgaben, etwa Balancieren auf einem Bein in Kombination mit Ballfangen und multisensorischen Reizen. Ziel ist es, die Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit unter Belastung zu trainieren. Ergänzt wird das durch strukturierte Routinen wie Datenanalysen, Videoauswertungen und intensive Briefings – vor und nach jedem Rennen. Diese Abläufe helfen uns, fokussiert und mental stabil an den Start zu gehen.
Mit welchen Ambitionen seid ihr in die Liga gestartet – und wie nah seid ihr eurem Ziel?
Erik Kosegarten-Heil: Wir sind mit dem Ziel gestartet, uns so schnell wie möglich unter den Top-Teams zu etablieren und regelmäßig um Podiumsplätze mitzufahren. Die ersten Rennen waren herausfordernd, aber wir konnten frühzeitig zeigen, dass wir konkurrenzfähig sind – der Sieg in Dubai war dafür ein starkes Beispiel. Wir sehen uns auf einem guten Weg: Das Potenzial ist da, nun geht es darum, Konstanz aufzubauen und unsere Performance in jedem Event abzurufen.
Wo seht ihr euch als Team in den nächsten zwei bis drei Jahren – sportlich, aber auch als Vorbild für den deutschen Segelsport?
Erik Kosegarten-Heil: Sportlich streben wir an, uns mittelfristig in der Spitzengruppe zu etablieren – mit regelmäßigen Finalteilnahmen und realistischen Chancen auf Gesamtsiege. Darüber hinaus sehen wir uns auch in der Verantwortung, den Segelsport in Deutschland sichtbarer, moderner und zugänglicher zu machen. Über Formate wie die SailGP Impact League und Programme wie „Inspire“ möchten wir Nachhaltigkeit fördern, junge Talente inspirieren und eine Brücke zwischen Profisport und Nachwuchsförderung schlagen.
Was ist euer Rat an junge Segler in Deutschland, die in den Profi-Bereich, etwa zu SailGP, einsteigen möchten?
Erik Kosegarten-Heil: Wer den Sprung in den internationalen Profisegelsport schaffen will, sollte früh Erfahrungen im Foiling-Bereich sammeln – sei es auf dem Moth, WASZP oder Wingfoil. Momentan findet man vermutlich im olympischen segeln noch immer die größte Leistungsdichte, sodass eine Kombination dieser beiden Wege höchstwahrscheinlich die größte Erfolgschance mit sich bringt. Gleichzeitig ist mentale Stärke entscheidend: Wer in Sekundenbruchteilen Entscheidungen treffen muss, braucht geistige Flexibilität und klare Kommunikation. Auch der Umgang mit Daten und Technologie spielt heute eine große Rolle. Und nicht zuletzt: Teamfähigkeit. Der moderne Segelsport ist kein Solo-Unternehmen – es geht darum, in eingespielten Rollen gemeinsam zu performen.
Welche Rolle spielt Sebastian Vettel im Team – bringt er sich aktiv ein?
Erik Kosegarten-Heil: Sebastian Vettel ist für uns weit mehr als ein prominenter Co-Gründer oder Investor. Er bringt seine Erfahrungen aus der Formel 1 aktiv ein – insbesondere im Bereich Performance-Analyse, Technikverständnis und strukturiertes Feedback. Er hat bereits Testfahrten an Bord absolviert und ist regelmäßig im Austausch mit dem Team. Nach den Rennen ist er oft im Analyseprozess eingebunden – er hört zu, macht sich Notizen, hinterfragt Details. Das ist nicht nur fachlich wertvoll, sondern auch ein starkes Zeichen für seinen echten Enthusiasmus und seine Verbundenheit mit dem Projekt.