Auch das zweite Corona Jahr hat der Branche einen Boom gegeben
Allgemeine Rahmenbedingungen
Während die Inflation aktuell durch die Decke geht, kommt die deutsche Wirtschaft im Pandemie-Jahr zwei noch nicht so richtig wieder in Schwung. Für 2021 erwartet die deutsche Regierung nun nur noch ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 2,6 Prozent und auch das Ifo Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München hat seine ursprüngliche Prognose von 3,5 Prozent kassiert und bestätigt die Annahme der Regierung.
Dies sollte für die Branche zunächst mal ein Grund zur Freude sein, schließlich sind wir bisher deutlich besser durch die beiden Krisenjahre gekommen als viele andere Branchen. Wassersport ist landauf landab überall im Trend, neben zahlreichen Wiedereinsteigern sind zahlreiche Neueinsteiger zu verzeichnen. Die Lage und Prognose für unsere Branche könnte daher eigentlich nicht besser sein. Eigentlich. Denn leider haben auch wir keine Glaskugel zur Hand, um die wirtschaftliche Entwicklung vorherzusagen, die sicher maßgeblich vom weiteren Verlauf der Pandemie abhängen wird.
Allgemeine Geschäftslage der BVWW Mitglieder
Auf die Frage, wie die BVWW-Mitglieder die aktuelle Geschäftslage einschätzen, antworteten 57,29 Prozent mit „besser als Vorjahr“, in dem dieser Wert bei nur 42,11 Prozent lag. Nur 12,86 Prozent geben 2021 an, die Lage habe sich im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert, 2020 lag der Wert noch bei satten 43,86 Prozent. Die Lage hat sich demnach deutlich verbessert und den Unternehmen scheint es überwiegend gut bis sehr gut zu gehen.
Entwicklung nach Segmenten
Wirft man einen Blick in die Details der Neubootverkäufe, stellt man folgendes ziemlich schnell fest. Während Segelyachten in allen Größenklassen ab 7,50 Meter eine deutlich verbesserte Performance im Vergleich zum Vorjahr aufweisen, haben bei den Motorbooten die Größenklassen ab 7,50 Meter geschwächelt. Die Gründe dafür sind vor allem die mangelnden Produktionskapazitäten aufgrund fehlender Bauteile wie z.B. Motoren, die seit längerer Zeit nur sehr schwer bis gar nicht zu bekommen sind. Der Branchenprimus hingegen, die Sportbootklasse bis 7,50 hat im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls noch mal einen draufgesetzt, was auf die hohe Anzahl Neu-/Wiedereinsteiger zurückzuführen ist.
Bei den Gebrauchtbooten zeichnet sich ein etwas anderes ab. Hier kennen alle Klassen, egal ob Segelyacht oder Motorboot nur eine Richtung, nämlich aufwärts. Ähnlich wie im Vorjahr gilt, alles was schwimmen kann wird verkauft! Nur ganz wenige Händler berichten von schlechteren Verkäufen, meist im einstelligen Prozent-Bereich, als im Vorjahr.
Auffällig ist, dass der Bootsmotorenhandel leicht über Vorjahr bewertet wird, dies mag allerdings darin liegen, dass bereits bestellte Ware sofort verkauft wurde und die Lager so leer sind wie nie zu vor.
Besonders erfreulich ist auch die Entwicklung aller weiteren Handelswaren wie Zubehör, auch hier hat sich Lage deutlich verbessert. 50 Prozent der Händler bestätigen bessere Verkäufe als im Vorjahr, als der Wert bei 38 Prozent lag.
Und auch der Service- und Wartungsbereich, wen wunderts, hatte eine sehr erfolgreiche Saison 2021. 70 Prozent der Befragten bestätigten ein besseres Jahr als 2020, wobei das Jahr 2020 auch schon auf einem hohen Niveau abgeschlossen hatte.
Egal ob Hausboote, Segelyachten oder Motorboote, innerhalb Deutschlands war 2021 die wohl jemals am besten gebuchte Saison. Konstant und teils deutlich über 50 Prozent der Unternehmen geben an, dass die Geschäfte noch besser als im Vorjahr verliefen, und das obwohl der Lockdown bis Anfang Juni anhielt.
Eine ähnlich gute Entwicklung zeichnet sich auch in den deutschen Sportboothäfen ab. Nachdem zu Jahresanfang aufgrund des Reiserestriktionen viele Eigner ihre Boote aus Dänemark nach Deutschland verlegten und zusätzlich die Anzahl an Neueignern deutlich anstieg, gibt es in Deutschland aktuell nahezu überall „Bodenseeverhältnisse“. 74 Prozent der Marinas gab die Rückmeldung, dass 2021 besser was als 2020. So ist es landauf landab mittlerweile nahezu unmöglich, noch einen Liegeplatz für sein Boot für 2022 zu bekommen.
Das auch Sachverständige (56 Prozent sprechen von einem bessern Jahr 2021) und Sportbootschulen (42 Prozent bewerten das Jahr 2021 besser als 2020) von dem aktuellen Trend stark profitieren, ist selbsterklärend.
Das einzige Segment, was offenbar verloren hat, ist der Kanusportbereich, was doch stark verwundert und nicht ganz plausibel erscheint.
Selbst der 2020 so stark geschädigte Tauchsportbereich arbeitet sich langsam aber stetig wieder an alte Erfolge heran, wenngleich es bis zur vollständigen Genesung noch eine gewisse Strecke zu überwinden gilt.
Ausblick und Prognose
So schön die Entwicklungen auch sind, sie bergen auch einige unschöne Nebenwirkungen bis hin zu gewissen Risiken. Allen voran ist hier die Liegeplatzsituation zu bewerten. Kunden, die heute ein Boot bestellen welches erst Ende 2022 ausgeliefert wird, könnten massive Probleme bekommen, überhaupt einen Liegeplatz zu erhaschen. Ob das allen Käufern bewusst ist, darf bezweifelt werden, schließlich ist das ein recht neues Phänomen. Daher ist es umso wichtiger, dass wir als Branche geschlossen den weiteren Ausbau der Infrastruktur politisch voran bringen, buten wie binnen.
Ein weiteres Problem könnte die Preisentwicklung bei Rohstoffen sein, die schon jetzt auf einem Langzeithoch angekommen zu sein scheint. Ende der Preissteigerungen? Nicht in Sicht, was wohl neben pandemiebedingten Produktionsengpässen auch auf die weltweite Containerknappheit zurückzuführen ist. Wenn zwischen Bestellung eines Bootes und seiner Lieferung demnach 2 Jahre liegen können, bleibt am Ende die spannende Frage, wer die eventuellen Mehrkosten trägt. Kunde, Händler, Hersteller? Man wird sehen wo die Reise hingeht.
Nachdem letztes Jahr die Konjunkturprognose der Unternehmen noch nüchtern ausfiel und durch die Lage allgemeine Unsicherheit herrschte, hat diese in 2021 einen richtigen Schub auf altes Niveau bekommen. So sehen über 86 Prozent der Mitglieder mittelfristig gute Geschäftsaussichten für Ihre Unternehmen, nachdem 2020 und 2019 jeweils nur 77 Prozent der Unternehmen zu dieser Einschätzung kamen.
Ein Zeichen dafür, dass man die Pandemie-Lage und deren Auswirkungen mittlerweile besser einschätzen kann als das noch vor einem Jahr der Fall war.
Pressekontakt:
Bundesverband Wassersportwirtschaft e.V.
Karsten Stahlhut
mailto: stahlhut@bvww.org
Phone: +49 221 – 59 57 10
Gunther-Plüschow-Straße 8; 50829 Köln