07.10.2021
Von Ralf Abratis, Segelexperte
Schnell reisen, komfortabel wohnen: Moderne Segelyachten bieten ihren Eignern das reine Vergnügen – sowohl auf dem Meer als auch im Hafen. Mit einem fast schon Loft-artigen Ambiente an und unter Deck, mit hellen und lichten Räumlichkeiten sind die aktuellen Designs moderne Wohnstätten, die sich zudem mit leichter Hand aus dem Cockpit bewegen lassen. Technische Features sorgen für Sicherheit und Unterhaltung, moderne Materialien erlauben ein ganz anderes Interieur als noch vor einigen Jahren. Damit öffnet sich der Segelsport neuen Zielgruppen.
Die Corona-Sorge, als vor eineinhalb Jahren die Reise-Aktivitäten fast komplett eingestellt wurden, ist längst einer überraschten Zufriedenheit bei den Werften gewichen. In allen Segmenten – vom Kleinkreuzer bis hin zur Luxusyacht – konnten die Unternehmen zulegen. Die Auftragsbücher sind übervoll. Was an Verkäufen an die Vercharterer, die derzeit naturgemäß an einem Austausch ihrer Flotten keinen Bedarf haben, weggebrochen ist, wurde durch die Privat-Eigner mehr als wett gemacht.
Sowohl die Groß- als auch die Spezialwerften haben von der Krise profitiert, konnten durch die bereits in den vergangenen Jahren angeschobene breite Angebotspalette an Interieurs schnell auf die individuellen Wünsche der Kunden reagieren. Allerdings müssen sich die Kunden mitunter in Geduld üben, um die Yacht der Wünsche übernehmen zu können.
So sind beispielsweise die Bauplätze bei der Sirius-Werft in Plön für die kommenden vier Jahre ausgebucht. Die auf Deckssalonyachten spezialisierte Werft hat sich weltweit einen Qualitätsruf erarbeitet und bietet Yachten für alle Gewässer an. Das kommt der Kundschaft entgegen, die eine flexible Lebens- und Arbeitsweise präferiert und entsprechend Wohn- und Büroraum kombinieren möchte. So werden die Sirius-Yachten gern als Langfahrtschiffe genutzt, von denen aus weltweit gearbeitet werden kann. Die Möglichkeiten im Innenausbau passen sich den Bedürfnissen der Eigner an, werden individuell konzipiert und lassen von gemütlicher Eignerkabine über komfortabler Küche bis hin zum lauschigen Salon mit großen Fensterfronten keinerlei Wünsche offen. Das große Raumangebot durch den Deckssalon bietet auf der 35-Fuß-Yacht so viel Platz, dass die Sirius 35 DS von der Zwei- bis zur Sechs-Kojen-Version angeboten wird. Die Individualität der Yachten gehört bei Sirius zur DNA der Werft. Doch auch die Großwerften können durch den modularen Innenausbau immer besser auf die Kundenwünsche reagieren. Die neuen Rumpfdesigns bieten dabei viele Möglichkeiten im Inneren – auch wenn sich die Designmerkmale vorrangig an den guten Segeleigenschaften orientieren.
Im Bugbereich setzen immer mehr Yacht-Zeichner auf einen tiefgehenden V-Spant, der schnell in einen voluminösen Rumpf übergeht, die Heckpartien sind flach und weit ausladend. Kimm-Kanten im hinteren Rumpfdrittel bilden die Charakterzüge moderner Yachten. Das alles ist darauf ausgerichtet, den Wellen die Kraft zu nehmen und einer starken Krängung entgegenzuwirken. Eine stabile Wasserlage und leichte Arbeit am Ruder sind die Vorteile.
Aber die Rumpfdesigns haben nicht nur Einfluss auf die Stabilität und ein gutes Segel-Handling der Yachten, sondern spielen auch den Innenarchitekten in die Hände. Denn das Platzangebot sowohl im Bug als auch im Heck der Boote ist deutlich größer geworden. Damit wachsen vor allem die Kabinen, und die Yachten können zu mehr werden als nur zur Heimstätte der Eigner. „Wer privat ein Schiff kauft, will gern auch Familie oder Freunde mitnehmen. Dieser Trend scheint sich in Corona-Zeiten noch verstärkt zu haben. Drei-Kabinen-Yachten sind daher ein echter Klassiker“, berichtet Marcus Schlichting, Pressesprecher bei Bavaria Yachts. Sowohl auf den großen Yachten von über 50 Fuß als auch auf der neuen C38 wohnt man damit nicht nur in der Eignerkabine im Bug-, sondern auch in den Gästekabinen im Heckbereich sehr komfortabel.
Dem Bedürfnis nach mehr Platz trägt auch die Neuentwicklung in Greifswald Rechnung. „Der Trend geht hin zu immer mehr Raumangebot, individuellen Ausstattungsmöglichkeiten, mehr Kabinen und mehr Bädern“, sagt Morten Strauch, Pressesprecher von Hanse Yachts. Insbesondere auf die neue Hanse 460 hat sich das niedergeschlagen. „Das Rumpfdesign hat sich von eher schmal hin zu einem voluminösen Rumpf verändert. Damit ist es möglich, die Yacht sehr opulent auszustatten“, so Strauch.
Die hochwertige Ausstattung unter Deck bezieht sich allerdings nicht nur auf die Größe der Kojen und die Anzahl der Bäder, sondern auch auf die gut bestückte Pantry und ein umfangreiches Multimedia-Angebot. „Ein dreiflammiger Herd und Backofen sind Standard. Auch eine Mikrowelle wird sehr gern mitbestellt“, sagt Marcus Schlichting. Allerdings ist gerade letztere oft nach Jahren noch unbenutzt. Denn der Trend geht weniger zum eigenen Kochen als viel mehr zum Ausgehen im Hafenrestaurant. Was allerdings auf keinen Fall an Bord fehlen darf, sind gekühlte Getränke. „Kühlmöglichkeiten kann es daher gar nicht genug geben an Bord“, so Schlichting. Ein großer Kühlschrank in der Pantry, die sich inzwischen mehr den Namen Küche verdient, als auch eine Kühlschublade im Cockpit gehören daher zur gern genommenen Ausstattung, um im Abendlicht – im Hafen oder vor Anker – einen gut gekühlten Wein genießen zu können.
Zur abendlichen Unterhaltung sollten aber auch die Möglichkeiten von Multimedia-Anschlüssen nicht fehlen. Ein mobiler und leistungsstarker Wifi-Router gehört daher an Bord. Die Anschlüsse für ein TV-Gerät sollten liegen oder aber gleich versenkbare Bildschirme in der Yacht verbaut sein.
Viel Elektronik und möglichst große Displays finden sich auch in der Navigationsecke der Yachten wieder. Der Trend geht hier zum Premiumpaket mit großem Kartenplotter (gern auch mit Zweitgerät), AIS, Radar und UKW. Komfort und Sicherheit wird zudem bei der Bedienung der Yacht per Knopfdruck und sogar online geboten. „Alle Elemente, die wir aus dem Bereich des Smarthomes oder dem Fahrzeugbau kennen, lassen sich natürlich auch im Yachtbereich integrieren – und sie werden nachgefragt“, sagt Morten Strauch. Die vor zwei Jahren bei Hanse eingeführte Safety Cloud hat sich daher vielfach durchgesetzt und sorgt für eine Überwachung der Yacht von außen, aber auch für Ankeralarm, Erinnerung an Wartungsintervalle und ggfls. direkte Bestellung von benötigten Teilen.
An Deck ist der Arbeits- und Lebensmittelpunkt ganz auf das Cockpit fokussiert. Alle Leinen und Schoten werden hierhin gelegt. Selbst das Reffen ist trocken vom Steuerstand aus leistbar. Dafür sorgen die Rollreffanlagen in Mast oder Baum. Auf Performance muss damit aber nicht verzichtet werden. Die Großsegel sind entsprechend vertikal oder horizontal durchgelattet. Im Vorsegelbereich ist der Standard eine kleine Selbstwende-Fock. Allerdings ist nicht nur die Standard-Garderobe gefordert, vielmehr wollen die Eigner auf langen Schlägen auch zügig reisen können. So geht der Trend hin zu mehreren Vorsegeln, die am Bugspriet gefahren werden und damit dauerhaft angeschlagen sein können. Gennaker und Code Zero bringen moderne Yachten auf Touren. Spinnaker indes gibt es immer seltener, da die Bedienung mehr Kenntnisse und größere Crew erfordert.
Gesteuert werden die Yachten inzwischen vorrangig über Doppel-Radanlagen. Das hat nicht nur den Vorteil, von beiden Seiten auf einer Position weit außen mit gutem Blick nach vorn die Yacht steuern zu können. Vielmehr gewährt der Durchgang zwischen den beiden Rädern auch einen leichten Zugang zum Heckbereich, in dem nicht nur großzügige Backskisten oder Heckgaragen, die Platz für zusätzliches Equipment wie aufblasbare SUP-Boards bieten, integriert sind. Die klappbaren Badeplattformen werden entweder zu wassernahen Terrassen oder ermöglichen einen leichten Zugang zur Yacht beim rückwärtigen Anlegen im Hafen. Auch hier macht sich das ausladende Heck bemerkbar. Während ehemals Badeleitern den Zugang zur Yacht eröffneten, sind es jetzt großzügige Treppen.
Neben den technischen Weiterentwicklungen und neuen hydrodynamischen Erkenntnissen sind es vor allem neue Materialien und Verarbeitungsformen, die Yachten moderner und luxuriöser werden lassen. So sind die hellen Innenräume insbesondere auf große Fenster zurückzuführen, die nur durch neue Klebe- und Glasmaterialien möglich wurden. Die bieten trotz der Größe der Flächen Bruchfestigkeit und Dichtigkeit. Aber auch widerstandsfähige Furniere in heller Optik bringen mehr Helligkeit in Räume, in denen ehemals dunkles Mahagoni regierte, das als eines der wenigen Hölzer im Möbel- und Innenausbau den Herausforderungen der Seewasser geschwängerten Luft widerstand. Dünnschichtkeramik eröffnet zudem die Möglichkeit, bei vergleichsweise geringem Gewicht die Bäder hochwertig auszustatten. Neue Material-Entwicklungen sind aber nicht nur für gutes Aussehen verantwortlich, sondern können auch die Nachhaltigkeit fördern. Teak-Ersatz ist inzwischen gängig, bietet an Deck zuverlässigen Halt und hat im Gegensatz zum Original-Baustoff nicht nur den Vorteil, dass es die Holz-Ressourcen schont, sondern auch noch dauerhaft sein Aussehen behält. Liebhaber von maritimer Patina mögen zwar das ergraute Deck vermissen, doch mit dem Erhalt der hellen Optik bleiben moderne Yachten dauerhaft für eine breite Schicht ein Hingucker.
Über die boot Düsseldorf
Die boot Düsseldorf ist die größte Boots- und Wassersportmesse der Welt und jedes Jahr im Januar der Meeting Point der gesamten Branche. Die Aussteller präsentieren ihre interessanten Innovationen, attraktiven Neuentwicklungen und maritimen Ausrüstungen. Die nächste boot findet vom 22. bis 30. Januar 2022 in Düsseldorf statt. Auf der neuntägigen Messe mit 220.000 Quadratmetern in 17 Messehallen ist der internationale Markt zu Gast und bietet einen spannenden Einblick in die gesamte Wassersportwelt. Hier ist für jeden etwas dabei. Schwerpunkte sind Boote und Yachten, Motoren und Motorentechnik, Ausrüstung und Zubehör, Dienstleistungen, Kanus, Kajaks, Kitesurfen, Rudern, Tauchen, Surfen, Wakeboarden, Windsurfen, SUP, Angeln, maritime Kunst, Marinas, Wassersportanlagen, Beach Resorts und Charterring. Alle notwendigen Informationen finden Sie auf der Website der boot Düsseldorf, boot.de.