Ferien auf dem Hausboot sind der optimale Einstieg in die Bootswelt: Führerscheinfrei tuckern wir in gemächlichem Tempo die Wasserstraße entlang, sind unterwegs, ohne auf Komfort zu verzichten und erleben die Natur, ohne kalte Füße zu bekommen. Gemeinsam mit Hausboot-Expertin Dagmar Rockel-Kuhnle werden die wichtigsten Fragen nach dem „Wie“, „Wo“ und „Was“ hier und jetzt beantwortet.
Starten wir mit der guten Nachricht: Hausbootfahren kann jeder! Mit Führerschein oder ohne, als Familie oder reiner Mädelstörn, zum Gruppenausflug oder als romantische Auszeit für Paare – Bootsferien sind das, was man draus macht!
Dass Ferien auf dem Hausboot gerade in der aktuellen Zeit angesagt sind, belegen die Zahlen der Bootsvermieter und der Vermittler von Bootsferien. Logisch, denn die Anreise zu den schönsten Wasserwegen Europas kann bequem mit dem eigenen Auto erfolgen. Außerdem ist auf dem Hausboot der Corona-Sicherheitsabstand sozusagen schon eingebaut. Eng beieinander ist man nur mit denjenigen, die man nett genug findet, um sie mit an Bord zu nehmen. Gleichwohl muss man nicht komplett unbedarft in das neue Leben auf dem Wasser starten. Hier sind Dagmar Rockel-Kuhnles Tipps.
Tipp 1: Rechtzeitig Buchen!
Die schlechte Nachricht ist, dass sich die Tauglichkeit des Hausbootes als „Quarantäne-Mobil“ kurz vor Beginn der dritten Corona-Saison ziemlich weit herumgesprochen hat. Wer also in diesem Sommer Hausboot fahren will, sollte JETZT buchen. Die größte Auswahl an Booten und Revieren hat man im Januar. Bis Ende Februar wird es stetig weniger – sobald die Sonne wärmt, sind die letzten Boote für die Hauptsaison weg. Gerade Bootcrews, die in den Ferien in einem Bundesland wie Nordrhein-Westfalen, Bayern oder Baden-Württemberg ablegen wollen, sollten sich jetzt wirklich kümmern.
Tipp 2: Prioritäten setzen
Bevor man sich in den endlosen Weiten des Internets mit Revierbeschreibungen, Bootsgrundrissen und technischen Fragen beschäftigt, sollte man für sich definieren, was den perfekten Urlaub ausmacht. Beantworten Sie sich folgende Fragen: Was ist mir am wichtigsten? Das Boot? Der Reisezeitpunkt? Das Revier? Je nachdem, wie man seine Prioritäten setzt, scheiden damit schon bestimmte Charterfirmen aus, weil sie in dem Wunschrevier vielleicht nicht vertreten sind, oder das Wunschboot nicht in der Flotte haben.
Tipp 3: Charterfirma finden
Gerade Einsteiger sollten für ihren ersten Törn eher eine große, etablierte Charterfirma wählen. Wenn man selbst noch etwas unsicher ist, tut es gut, einen wirklich verlässlichen Partner zur Seite zu haben. Von eingespielten Abläufen und Qualitätsstandards, über reichlich Erfahrungen mit Einsteigern bis hin zu erprobten Abläufen für Ungewohntes und einer 24-Stunden-Notruf-Bereitschaft profitiert man bei diesen Anbietern auch von klaren Vertragsverhältnissen.
Hier ist man auch vor Fake-Firmen geschützt, die gerade in der letzten Saison mit erstaunlich gut gemachten Webseiten Chartercrews um ihre Anzahlung betrogen haben.
Über Kuhnle-Tours
Kuhnle-Tours vermietet und vermittelt seit über 40 Jahren Hausboote in Europa. Aktuell umfasst die Flotte etwa 160 Boote für 2 bis 12 Personen, die in Frankreich (Elsass-Lothringen) und in Deutschland an vier Standorten an Chartercrews übergeben werden. Zwischen den Basen in Berlin-Zeuthen, Zehdenick, Priepert und dem Hauptsitz an der Müritz in Mecklenburg sind führerscheinfreie und führerscheinpflichtige Einfachfahrten möglich. Zur Unternehmensgruppe gehört eine eigene Werft, auf der die Boote vom Typ Kormoran, Aquino und Febomobil gebaut werden. Infos zu Booten, Törns, Revieren und Terminen gibt es unter kuhnle-tours.de. Außerdem unterhält das Unternehmen mit fluvius-magazin.de ein Bootsgeschichten-Portal mit Törnberichten und allerhand Lesenswertem aus der Bootswelt. Videos zu Booten und Schulungsfilme zum Thema Bootfahren gibt es auf dem YouTube-Kanal.
Tipp 4: Boot auswählen
Hausboote gibt es in großer Vielfalt: Vom 15 Meter langen, 25 Tonnen schweren Stahlverdränger mit 4 Badezimmern für 12 Personen bis zum leichten Floß ohne Wassersystem. Wenn an Bord geschlafen wird, sollte der Umwelt zuliebe eine Toilette und ein entsprechender Abwassertank an Bord sein. Achten Sie auch auf spezielle Bedürfnisse der Crewmitglieder wie Barrierefreiheit für Mobilitätseingeschränkte, große Koje, eine geeignete Stehhöhe für den 2-Meter-Mann oder eine großzügige Küchenausstattung für Hobbyköche. Jedes Crewmitglied sollte ein eigenes Bett haben, das nicht erst umgebaut werden muss. Wer im Frühling und Herbst unterwegs ist, sollte auf eine leistungsfähige, bestenfalls landstromunabhängige Heizung achten. Im Sommer ist dafür eine Badeplattform mit Außendusche und ein Sonnensegel auf dem Achterdeck von Vorteil. Ein wichtiges Ausstattungsmerkmal für Einsteiger ist ein Bugstrahlruder. Es erleichtert das Manövrieren im Hafen und in der Schleuse! Boote mit Bugstrahlruder sind ein wenig teurer als ohne, den Aufpreis aber wert.
Führerscheinrecht
Wer überall auf Deutschlands Binnengewässern mit schnellen Booten (mehr als 15 PS Leistung) fahren möchte, benötigt dafür den Sportbootführerschein Binnen. Der ist mit einigermaßen vertretbarem Lernaufwand innerhalb von einem Wochenende bei entsprechenden Bootsfahrschulen gemacht. Mit dem deutschen Führerschein darf man in der Regel auch ausländische Binnengewässer befahren. Für das Bootfahren OHNE Führerschein gibt es auf deutschen Binnengewässern zwei Ausnahmeregeln:
Das Boot hat weniger als 15 PS – dann darf man in ganz Deutschland fahren (ausgenommen ist der Rhein und die Strecke auf 6,5 km vorm Kanzleramt in Berlin).
Im Rahmen der Charterscheinregelung darf man führerscheinfrei mit mehr als 15 PS Motorleistung unterwegs sein, wenn die Boote nicht schneller als 12 km/h fahren können. Achtung: Dies zählt nur auf speziell dafür ausgewählten Gewässern.
Weitere Einzelheiten stehen in der Sportbootvermietungsverordnung Binnen. In Polen und Frankreich gibt es ähnliche Regelungen. Führerscheinfrei Hausbootfahren kann man außerdem in Italien, den Niederlanden, Irland und vielen anderen Ländern.
Tipp 5: Revier auswählen
Zum Bootfahren braucht man nicht mehr als Wasser, ein Boot und gerne etwas Sonne. Jedes Revier überzeugt mit seinen Eigenheiten: Die Seen in Mecklenburg und Brandenburg laden mit ihrem sauberen Wasser zum Baden ein, an den französischen Kanälen gibt es spektakuläre Wasserbauwerke wie Schiffstunnel und das Schiffshebewerk zu sehen. Außerdem laden lauschige historische Altstädte zum Stadtbummel ein. Irland erfreut mit seiner Pub- und Musikkultur, die masurischen Seen mit günstigen Restaurants und die Niederlande mit einer Mischung aus allem. Jedes Crewmitglied sollte auf seine Kosten kommen: Was es auch sei, Dagmar Rockel-Kuhnles Rat ist, beim ersten Törn die Bucket-List noch nicht zu vollzupacken, damit genügend Zeit bleibt, die Jungfernfahrt zu genießen.
Tipp 6: Extras checken
Was ist inklusive, was nicht? Bettwäsche, Rettungswesten für Kinder, Bordgrill, Endreinigung: Überlegen Sie sich vorab, welche Extras Sie brauchen und was Sie selbst mitbringen oder erledigen können. Inklusive sollte auf jeden Fall die technische Einweisung ins Boot und auch die Charterschein-Einweisung für Crews ohne Bootsführerschein sein. Auch eine passende Rettungsweste für jedes Crewmitglied sowie eine Wasserstreckenkarte sollte kostenlos an Bord sein. Sinnvoll ist es, mindestens ein Fahrrad an Bord zu haben, damit man kleinere Besorgungen an Land erledigen kann. Einen Blick sollten Sie auch auf die Inventarliste des gecharterten Bootes werfen. Aber: Mit dem Hausboot ist man nicht außerhalb der Zivilisation unterwegs, das versenkte Kartoffelschälmesser oder vergessenes Mückenspray kann leicht nachgekauft werden.
Tipp 7: Vorbereitung & Durchführung
Bleiben Sie locker, der erste Hausboot-Törn muss nicht komplett durchgeplant sein. Wenn Sie sich was Gutes zur Vorbereitung tun wollen, besorgen Sie sich die Charterfibel von Quick Maritim Medien und einen Törnführer für das Revier. Bei manchen Charterfirmen oder Agenturen ist der Törnführer im Preis enthalten, auf jeden Fall haben die Firmen einen guten Überblick, welche Bücher empfehlenswert sind. Nehmen Sie sich nicht zu viel vor: Mit einem Hausboot fahren Sie zwischen 20 und 40 Kilometer am Tag, wenn Sie noch nebenbei Urlaub machen. Eine Schleusung dauert im Durchschnitt 30 bis 40 Minuten – planen Sie eine gemütliche Mittagspause mit ein und auch einen Nachmittag, den Sie vor Anker vertrödeln können.
Typische Anfängerfehler
Ja, die gibt es und sie werden auch Ihnen passieren. Das Handy versenkt, den Dalben beim Festmachen verfehlt, die Box erst im dritten Anlauf getroffen – das alles passiert auch Crews, die schon ewig auf dem Wasser unterwegs sind. Bewahren Sie Ruhe und Humor – der größte Fehler, den Sie machen können, wäre der, gar nicht erst loszufahren und das große Abenteuer auf dem Wasser zu verpassen.
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