Nach Olympia ist vor den nächsten Meisterschaften für Ricarda Funk. Zwischen ihren Aufenthalten in Trainingslagern in Bratislava und Frankreich durften wir exklusiv mit der Goldmedaillen-Gewinnerin von Tokio im Kanu-Slalom über ihren Erfolg, den Weg dorthin und ihre weiteren Ziele und Wünschen sprechen.
Erst einmal herzlichen Glückwunsch zur Goldmedaille! Ist dieser Sieg mit irgendetwas vergleichbar, dass Du in Deiner Sportkarriere schon gewonnen hast?
Ricarda Funk: „Nein, absolut nicht. Auf diesen Erfolg und dieses Erlebnis habe ich lange hingearbeitet. Der Sieg und die Goldmedaille waren am Ende das Sahnehäubchen auf dieser Reise. Begonnen mit der Qualifikation über die Teilnahme bis hin zu meinem persönlichen Erfolg kann ich dieses Erlebnis mit keinem anderen vergleichen. Für mich persönlich war der Moment an der Startlinie schon ein Traum, und am Ende einen Sieg rauszufahren und sich gegen die starke Konkurrenz durchzusetzen, war einfach der Wahnsinn.“
War die Teilnahme an den Olympischen Spielen schon immer ein sportlicher Meilenstein, den Du schaffen wolltest?
Ricarda Funk: „Auf jeden Fall! Besonders, nachdem ich die Qualifikation für die olympischen Spiele 2016 nicht wie gehofft geschafft hatte, war der Ansporn für Tokio in den letzten vier Jahren noch größer. Ich habe akribisch darauf hintrainiert und gerne für den Sport und meinen Traum alles Weitere hintenangestellt. Und so viel sei gesagt: Es lohnt sich zu träumen und dafür zu arbeiten, denn Träume können wahr werden.“
Was war es für ein Gefühl, bei der Siegerehrung auf dem Treppchen zu stehen?
Ricarda Funk: „Man realisiert das am Anfang alles gar nicht. Aber der Moment auf dem Treppchen war der Hammer. Ich habe jeden Augenblick genossen und jede einzelne Emotion aufgesogen. Es war schade, dass es kein Publikum und keine Fans gab, aber dennoch war und ist es ein unvergesslicher Moment für mich.“
Wie viel Druck hat in dieser Phase auf Deinen Schultern gelastet?
Ricarda Funk: „Natürlich kennt und sieht man seine Konkurrenz und weiß diese auch einzuschätzen. Schließlich treten bei den Olympischen Spielen die besten Sportler ihrer Disziplin weltweit an und mir war bewusst, dass ich einen guten Lauf brauchte. Darüber hinaus war der Druck auch deswegen hoch, weil ich diejenige war, die vom Deutschen Kanuverband nominiert wurde, das deutsche Team im Kanu-Slalom zu vertreten – da will man der Erwartungshaltung natürlich auch gerecht werden.“
Wie geht man in solchen Situationen mit Leistungsdruck um? Können Rituale und Routinen da helfen?
Ricarda Funk: „Wir werden von Sportpsychologen intensiv betreut und zu den Qualifikationen und Meisterschaften begleitet. Sie verraten uns, wie wir am besten mit solchen Situationen umgehen können und bieten uns alternative Lösungen zur Druckbekämpfung an. Bei mir hilft da in der Regel progressive Muskelentspannung. Von Glücksbringern und Ritualen habe ich mich befreit. Natürlich gab es immer wieder mal Glücksbringer wie ein Glückshaargummi oder einen bestimmten Bikini, aber diese waren nicht immer zuverlässig und mussten dann abgeschafft werden. Ich habe gelernt, auf das zu vertrauen, was ich kann, und an mich und meine Träume zu glauben.“
Gab es für Dich trotz den eingeschränkten Kontaktmöglichkeiten im Olympischen Dorf besondere Begegnungen?
Ricarda Funk: „Die Atmosphäre war überwältigend – hier mit allen Athleten an einem Ort zu sein und den Spirit zu spüren, war ein klasse Gefühl. Durch die eingeschränkten Kontaktmöglichkeiten gab es leider nicht viel persönlichen Kontakt, aber die Umgebung war wirklich der Wahnsinn.“
Was fasziniert Dich persönlich besonders am Kanu-Slalom?
Ricarda Funk: „Kanu-Slalom ist ein Actionsport, der einen pusht. Ich habe vor meiner Kanu-Zeit gerne getanzt, aber schnell gemerkt, dass mir der Rhythmus fehlt. Beim Paddeln habe ich dann gemerkt, wie viel Spaß es mir macht, über Wellen zu fahren und mit ihnen in gewisser Art und Weise zu tanzen – hier hat der Rhythmus einfach gepasst. Im Wildwasserkanal steht man immer vor neuen Herausforderungen, denn dieser Sport ist hochkomplex und fordert nicht nur Kraft und Ausdauer, sondern auch Geschick und Mut. Es gibt auch heute noch Situationen, bei denen ich mich ermutigen muss, loszupaddeln. Das ist der Reiz an diesem Sport.“
Was empfiehlst Du Hobby-Paddlern und Einsteigern?
Ricarda Funk: „Generell würde ich immer empfehlen, sich einem Verein anzuschließen. Hier lernt man die Grundlagen und Basics für sicheres Paddeln. Darüber hinaus sollte man als Anfänger in stehenden Gewässern beginnen und Boote wählen, die gut ausbalanciert sind. Plastikboote eignen sich prima für die ersten Paddelschläge.“
Mehr als olympisches Gold geht eigentlich nicht, was sind Deine Ziele für Deine weitere Zukunft im Sport?
Ricarda Funk: „Allen voran steht natürlich die Qualifizierung für die Events, die immer viel Fleiß und Arbeit benötigen. Ganz oben auf meiner Liste steht aber die WM in Augsburg nächstes Jahr. Darauf freue ich mich schon sehr. Vor dem heimischen Publikum an den Start zu gehen, ist bestimmt ein tolles Erlebnis. Und dann hoffe ich auch wieder auf die nächsten Olympischen Spiele mit Publikum, Menschen & Fans. Ich würde mir wünschen, den Spirit noch einmal und dann wirklich komplett mit allem Drum und Dran genießen zu dürfen.“
Liebe Ricarda, wir danken Dir für dieses tolle und informative Interview!
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