Ankernächte gehören immer wieder zu den Höhepunkten eines Chartertörns, liefern sie doch unvergessliche, sehr intensive Eindrücke. Dazu gehören das unmittelbare Erleben der Natur, der Blick in den Sternenhimmel, die nächtlichen Bewegungen des Schiffes und der neue Tag, der mit eindrucksvollem Sonnenaufgang über der Kimm beginnt.
Vorausgesetzt, der Skipper hat einen guten, sicheren Platz gefunden und der Anker hat auch bei drehenden Winden sicher gehalten. Die Nacht am "Haken" muss geübt werden, jedes Ankermanöver steht unter anderen Vorzeichen, einzig die Tatsache, dass jedes Ankern mit größter Sorgfalt unter Berücksichtigung möglichst aller Variablen passieren sollte, ist gültige Maxime.
Der Ankerplatz
"Richtiges" Ankern beginnt mit dem sorgfältigen Studium der Seekarte. Sie zeigt die Meter-Linien, informiert über Grundbeschaffenheit und liefert - in Kombination mit dem herrschenden Wetter - die erste Vorentscheidung über die Tauglichkeit eines Ankerplatzes. Läuft man dann den angepeilten Ankerplatz an, gilt es, die "Papierdaten" zu überprüfen. Ist genug Platz vorhanden, ist der Grund Sand, Morast, Geröll oder mit Bewuchs? Wie sieht mein vermeintlich sicherer Platz aus, wenn der Wind nachts kippt - also wie im Mittelmeer häufig nicht mehr auflandig, sondern vielleicht mit Fallböen vom Ufer kommt? Habe ich genug Raum zum Schwoien oder sollte eine Landverbindung gelegt werden, um die Position zu stabilisieren?
Schwoikreis überprüfen
Prüfen Sie, ob der gesamte Schwoikreis auch genügend Tiefe hat. Fahren Sie dafür den ungefähren Bogen mit Blick auf das Echolot ab. Hat der Skipper das "Umfeld" abgesteckt, lotst ihn der Ankermann zu einer Stelle, die großflächig als Sandgrund zu erkennen ist. Das Schiff stoppt auf und erst wenn alle Fahrt aus dem Schiff ist, kommt das Kommando "Lass fallen Anker!" Dabei sollte der Ankermann die Geschwindigkeit seines Spills kennen. Denn unter Umständen dauert es einige Zeit, bevor der Anker überhaupt am Grund angekommen ist.
Der Anker fällt
Weg mit dem Eisen, Kette hinterher ... das war es!? Sicher nicht, am Grund türmt sich ein Haufen Kette auf dem Anker, der keine Möglichkeit hat, auf die Schiffsbewegung zu reagieren. Selbst zum schnellen "Badestopp" ist dieses Manöver ungeeignet, denn die vermeintlich stehende Yacht wird beim leichten Windhauch driften, zieht sich Kette vom "Haufen" und erst dann bekommt der Anker die Möglichkeit, sich einzugraben.
Erst einfahren, dann Kette stecken
Machen Sie es besser! Ein Besatzungsmitglied auf das Vorschiff an die Winde, bei großen Yachten - zwecks besserer Verständigung - eine Verbindungsposition dazwischen. Auf das Kommando "Lass fallen Anker!" geht das Eisen bei Stillstand der Yacht zügig auf Grund, die ungefähr dafür zu steckende Kettenlänge steht fest. Langsam dirigiert der Steuermann das Schiff rückwärts in die Richtung, in die es auch zu liegen kommt, der "Ankermann" fiert mit - besser, das Schiff zieht sich selbsttätig die benötigte Kette aus dem Kasten. Nach rund 2 Schiffslängen wird die Kette fest genommen, der Anker eingefahren. Erst langsam, dann mit halber Maschinenkraft und durchaus über rund 10 bis 15 Sekunden. Hierbei muss die Position der Yacht anhand einer einfachen Landpeilung überprüft werden.
Wieviel Kette?
Anschließend wird ausreichend Kette gesteckt. Die oft noch gelehrte Angabe der "dreifachen Wassertiefe" ist unsinnig. Moderne Leichtgewichtsanker, die aufgrund ihrer Konstruktion und weniger wegen des Gewichts halten, entwickeln enorme Haltekräfte, brauchen jedoch flache Zugwinkel. Das bedeutet beim ausschließlichen Einsatz von Kette das Fünffache der Wassertiefe! Ist das durch die Gegebenheiten nicht möglich, sollte ein zusätzliches Reitgewicht benutzt werden, welches die Kette am Grund hält. Grundsätzlich sind Charteryachten mit leistungsstarken, elektrisch betriebenen Motorwinden ausgerüstet, doch wird die Kraft der Helfer häufig überschätzt.
Wieviel Kette?
Aufholen des Ankers
Kaum eine Winsch erreicht die vom Hersteller angegebene Maximallast, so dass der Chartersegler gut beraten ist, mit den Spills äußerst "sensibel" zu arbeiten. Das bedeutet: Verringert sich deutlich die Hole-Geschwindigkeit - stoppen, um die Ursache zu überprüfen. Ist der Winddruck auf das Schiff zu stark, wird die Winsch es nicht schaffen, Anker und Schiff zu holen - Belastung verringern durch Entgegenfahren. Hat der Anker sich am Grund verhakt, ist unter Trossen, Netze oder Steine geraten - nicht mit der Winsch versuchen auszubrechen. Im günstigsten Fall fliegt die Sicherung raus, unter Umständen reißt aber auch die Winsch aus ihrem Fundament.
Keine Kettentürme bauen
Achten Sie darauf, dass die Kette sauber in den Kasten fällt und keine "Türme" bildet. Blockiert die Kette unter der Nuss, läuft gar nichts mehr! Informieren Sie sich bei der Übergabe über die Position der Anker-winsch-Absicherung. Und ein Punkt versteht sich von selbst: Kein Ankermanöver ohne mitlaufende Maschine! Handelsübliche Winschen ziehen zwischen 130 und 180 Ampere! Das heißt, die Maschine muss höher als in Leerlaufstellung "mitarbeiten" (richtige Drehzahl bei der Übergabe erfragen).
Hilfreiche Tipps:
1. Eine Ankerboje sollte benutzt werden, wenn der Ankerliegeplatz stark frequentiert wird, weil die Kennzeichnung des eigenen Ankers vorprogrammierten "Ankersalat" verhindern kann.
2. Auf unsauberen Ankergründen -Trossen, Steine, alte Netze - sollte unbedingt eine Trippleine angeschlagen werden.
3. Nur mit ihrer Hilfe kann ein unklar gekommener Anker geborgen werden.Lässt sich der Anker im normalen Manöver nicht aus dem Grund brechen, kann man die Kette kurz nehmen und den Anker langsam "überfahren". Durch Umkehrung der Belastung bricht er dann in der Regel leicht aus. Ist die Winsch - und deren Befestigung - für ein derartiges Manöver zu schwach, hilft es, die komplette Mannschaft auf die Bugspitze zu bringen, die Kettenlose nachzuholen und zu belegen. Das Kontergewicht der dann nach achtern geschickten Crew hebelt den Anker aus den Grund.
4. Mit zwei Ankern verhindert man die störende "Drift", die das Schiff mit bis zu zwei Knoten mal auf Backbord, mal auf Steuerbord "segeln" lässt und jedes Mal die schon in Griffweite befindliche Badeleiter entführt. Die Anker sollte in einem "V" ausgelegt werden, welches nahezu gleichen Zug auf beide Eisen ermöglicht.
Quelle:
Charter Horizonte
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