Fünf Expertentipps für Segelreviere zum Saisonstart
Der Saisonstart steht vor der Tür und damit unweigerlich auch die Frage nach dem „Wohin“ für den ersten Frühjahrstörn. Die Revierexperten Michael Amme und Sönke Roever vom Fachmagazin BLAUWASSER.DE, die jedes Jahr im Januar das Charterseminar auf der boot moderieren, geben fünf wertvolle Tipps zu Revieren, die dieses Frühjahr eine Reise wert sind.
Von der Ostsee über den Englischen Kanal und die Azoren bis zu Zielen im westlichen oder östlichen Mittelmeer zeigen sie Ziele, die schon im Frühjahr einen Bootsurlaub wert sind. Lassen Sie sich inspirieren und legen Sie ab, sobald die Boote im Wasser sind!
Dänische SüdseeEin Traum für jeden Ostseesegler
Die Dänische Südsee ist ein Sehnsuchtsziel für Ostseesegler. Jahr für Jahr steuern unzählige Yachten dieses Revier an. Sie kommen von den nahegelegenen Charterstützpunkten und Heimathäfen an der deutschen Ostseeküste und schwärmen in die Inselwelt aus, nach Ærø zum Beispiel oder nach Bågø. Angelockt von den vielen feinen Sandstränden, den grünen Feldern, dem grün-türkis schimmernden Wasser und der typisch dänischen Lebensart.
Die Dänische Südsee, übrigens ein ideales Revier für Einsteiger, besteht aus einer Vielzahl an bewohnten und unbewohnten Inseln und Inselchen, und die meisten von ihnen sind eine Reise wert. Besonders beliebt sind Lyø, Avernakø, Bågø oder Arø, hier macht, man wie fast überall im Revier, in kleinen Häfen fest. Während diese sich im Sommer nachmittags oft recht schnell füllen, lässt sich die Idylle des Reviers im Frühjahr, außerhalb der Urlaubssaison so richtig genießen. Im April und besonders im Mai gibt es häufig schon gutes Wetter.
Ein echter Geheimtipp ist die idyllische Insel Birkholm mit ihren gerade mal 22 Häusern (Wassertiefe in der Zufahrt beachten). Wer es etwas urbaner mag, ist auf der Insel Ærø richtig, in Marstal (interessantes Seefahrtsmuseum) und Ærøskøbing oder auch in Fåborg auf Fünen, diese sehenswerten Kleinstädte trumpfen sogar mit großen Häfen auf. Gut geankert werden kann – je nach Windrichtung – auf Arø, Bågø, Lyø und Avernakø.
Englische KanalinselnTidennavigation in der Praxis
Wer während des Lernens für den Segelschein die theoretischen Kenntnisse einmal mit der Praxis konfrontieren möchte, der fährt am besten auf die Kanalinseln und an die Küste der angrenzenden Nordbretagne. Hier, in der Bucht von St. Malo, herrschen mit bis zu zwölf Meter Tidenhub die höchsten Gezeitenunterschiede Europas. Und auch die Strömungen in Engpässen wie beispielsweise dem Race von Alderney können zweistellige Geschwindigkeiten erreichen.
Wem diese Sensationszahlen den Angstschweiß auf die Stirn treiben, dem sei gesagt: Alles halb so schlimm! Aber klar, die Abfahrts- und Ankunftszeiten richten sich hier ausschließlich nach dem Tiden- und Strömungskalender und etwas Erfahrung in der Navigation gehört hier dazu. Doch das Segeln rund um die Kanalinseln ist eine herrliche Erfahrung und entschädigt für die extra Mühe – weil die Strömungen zu schnellen Etappen verhelfen und die Inseln selbst ein Erlebnis sind.
Die sind, trotz der Nähe zu Frankreich, britisch geprägt. Die Einwohner sprechen Englisch, fahren links und trinken ihr Bier im Pub. Die Inseln Guernsey und Jersey warten mit schönen Hafenanlagen direkt im Zentrum der Hauptorte, in denen das Leben bunt und abwechslungsreich ist. Auf Alderney wird dagegen im Schutz einer gigantischen Hafenmole an Murings festgemacht, bei Bedarf übernimmt hier der Hafenmeister den Shuttleservice zum Land.
Nur auf Herm und Sark muss frei geankert werden – wie überall im Revier fast immer vor dramatisch schöner Landschaft aus feinsten Sandstrandnischen, wilden Felsformationen und dichtem Grün – eine Kulisse wie aus den Filmen von Rosamunde Pilcher. Fazit: Die Kanalinseln sind ein Ziel für ambitionierte Seglerinnen und Segler, die neben Wind und Wetter auch tolle Landschaften sowie britische Pub- und Teestubenkultur erleben wollen.
Mitten im Atlantik liegt die Inselgruppe der Azoren, die das Fahrtgebiet der Atlantiküberquerer und Blauwassersegler ist. Doch seit einigen Jahren ist es auch dem Urlaubssegler möglich, die neun Inseln auf eigenem Kiel zu bereisen: Eine kleine Flotte von Charteryachten in Horta auf der Insel Faial macht es möglich. Aber was genau erwartet einen auf den Azoren?
Nach der Übergabe der Yacht auf jeden Fall erst einmal ein Abend im Café Sport, der vermutlich bekanntesten Seglerkneipe der Welt. Unter einem Meer aus Wimpeln und Flaggen haben hier bereits alle berühmten Atlantiküberquerer ihren Durst gestillt. Doch was kommt danach, wenn es raus aufs Wasser geht? Das Gute ist, dass die Zentralgruppe der Azoren – die fünf Inseln Faial, Pico, Sao Jorge, Terceira und Praia – alle ganz dicht beieinander liegen. Die Ziele können in entspannten Tagesetappen erreicht werden, auch wenn vereinzelt bis zu 50 Seemeilen gesegelt werden müssen.
Aber: Ein Törn rund um diese mit wildem Grün und schroffen Küsten bestückten Inseln ist keinesfalls mit einem beliebigen Mittelmeertörn zu vergleichen. Dafür fehlen die Anlandeplätze: Ankerbuchten gibt es fast gar keine, und mehr als ein oder zwei Häfen hat jede Insel nicht zu bieten. Ist das ein Problem? Nein, der Törncharakter ist hier einfach nur ein anderer. Auf einen Tag Atlantiksegeln mit Walen, Delfinen und großen Raubfischen an der Schleppangel folgt meist ein Tag mit Landausflug. In jedem Hafen stehen preiswerte Mietwagen bereit, mit denen man über Serpentinenstraßen kurven kann, die kilometerlang von Hortensienbüschen gesäumt sind.
Und das Wetter? Das berühmte Azorenhoch kennt jeder, im Sommer sorgt es für herrliches Urlaubswetter, für Segler leider öftermal mit eher mäßigem Wind verbunden. Im Frühjahr ist der Wind noch kräftiger (auch Düseneffekte zwischen den Inselns können ihn verstärken) und wer es noch nicht ganz so subtropisch heiß mag, wird diese Zeit auf den Azoren genießen. Wobei man hier – mitten im Atlantik – immer darauf eingestellt sein muss, dass der Seegang schon mal höher und der Wind stärker als im Mittelmeer sein kann. Fazit: Die Azoren sind ein Törnziel für Entdecker und Individualisten, die Spaß an grandioser Natur und der Herausforderung Atlantik haben.
Mallorca ist eine Wundertüte. Egal ob Partytörn, Kulturreise oder Buchtenbummeln unter Segeln – auf des Deutschen liebster Insel lässt sich jeder Törncharakter realisieren. Am wenigsten bekannt dürfte die Tatsache sein, dass man hier auch sehr gut durch einsame und wunderschöne Buchten bummeln kann. Dazu muss man einfach mal bei ruhigem Wetter (was hier in der Saison ziemlich häufig der Fall ist) die wilde Nordwestküste der Insel ansteuern. Mit dem richtigen Handbuch auf dem Navigationstisch (von Kinzelmann & Synge) lassen sich hier über zwei Dutzend Ankerplätze ganz ohne Massentourismus entdecken. Ein Traum.
Wer eine Inselumrundung einplant, dem werden automatisch auch alle anderen Facetten Mallorcas geboten. Man kann in den angesagten Nachtclubs in der Cala Ratjada feiern. Oder an der Südostküste in den herrlich feinsandigen Buchten relaxen, baden und sich sonnen. Und zum Abschluss bietet sich ein Besuch auf der Naturschutzinsel Cabrera an. Das alles lässt sich auf einer Rundreise von etwa 160 Seemeilen erleben, was keine Herkulesaufgabe ist, nicht einmal in einer Woche.
Für die Planung hier noch ein paar hilfreiche Tipps: Rund um die Insel gibt es eine Handvoll Bojenfelder und ein paar Häfen mit günstigen staatlichen Hafenliegeplätzen (beide buchbar unter portsib.es). Ansonsten darf rund um die Insel überall frei geankert werden, allerdings darf der Anker niemals in ein Seegrasfeld fallen, das wird zurzeit stark kontrolliert und die Strafen sind hoch! Für das Festmachen an einer der 50 Murings auf der Naturschutzinsel Cabrera muss eine Genehmigung eingeholt werden (erledigt in der Regel der Vercharterer).
Dieses Inselreich im Norden Griechenlands ist eines der ursprünglichsten der Ägäis. An Land und auf dem Wasser geht es selbst noch in der Hochsaison herrlich unaufgeregt zu. Massentourismus, wie man ihn von Santorini oder Mykonos kennt, gibt es hier so nicht. Schon gar nicht früh in der Saison. Das Wasser ist tiefblau und klar, und auf mehrere große Inseln verteilen sich attraktive Ankerbuchten und Stadthäfen, die von urigen Tavernen umringt sind und in denen römisch-katholisch festgemacht wird.
Highlights des Reviers: Im kleinen Hafen von Agia Kyriaki (bei Südwind meiden) gibt es nette Tavernen mit Blick über die Ägäis. Besonders schön ankern lässt es sich in den Buchten Agnontas auf Skopelos (das Abendessen kann am Strand eingenommen werden), in Koukounariés auf Skiathos (schöner Strand) und in Staphylos im Süden von Skopelos (super zum Schnorcheln – hier kommt Karibikfeeling auf). Ein echter Geheimtipp ist die Ankerbucht im Süden der Insel Peristera. Die Insel ist unbewohnt, man findet hier Ruhe und dank fehlender Störlichter in klaren Nächten einen tollen Sternenhimmel über dem Schiff.
Wer nicht auf eigenem Kiel anreist, findet auf Skiathos und Skopelos Charterbasen. Einziger Haken in diesem schönen Revier: Im Sommer kann es regelmäßig vorkommen, dass der Wind schwächelt - ein Grund mehr den Törn außerhalb der Hauptsaison zu planen.
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